In der bürgerwissenschaftlichen Tagebuchstudie „Logbuch der Veränderungen“ dokumentieren Bürger*innen seit März 2020 bundesweit online ihre Beobachtungen zu Alltagsveränderungen, die durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurden. Diese Datenerhebung wird aus Eigenmitteln des Forschungszentrums [Nachhaltigkeit – Transformation – Transfer] der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde finanziert. Mit der im Jahr 2022 zugesprochene Förderung der Hans Sauer Stiftung wird eine zusätzliche Phase der Co-Interpretation der Ergebnisse mit Bürgerwissenschaftler*innen, Expert*innen und der Öffentlichkeit durchgeführt.
Die Pandemie hat primär eine Gesundheitskrise ausgelöst, deren Bewältigung zu weitreichenden Veränderungen auf individueller und gesellschaftlicher Ebene führte und z. T. vielfältige Krisenprozesse verstärkte. Der erzwungene Umgang mit Unsicherheit und der teilweise Kontrollverlust bei der Lebensgestaltung erfordert(e) eine kurzfristige Anpassung von Alltagshandeln. Routinen sind in der Regel jedoch schwer veränderbar, wie die Nachhaltigkeitsforschung zeigt. Der einmalige, reichhaltige Datensatz des Logbuchs ermöglicht tiefgründige Einblicke in die Vielfalt dieser Veränderung und gibt differenzierte Hinweise auf – erzwungene – Veränderungserfahrungen. Was bedeuten die Veränderungen von rund 30 Alltagspraktiken für Gesellschaft und nachhaltige Entwicklung?
Die Grundidee für dieses Projektmodul wurde vom bürgerwissenschaftlichen Beirat des Projektes angeregt. Ziel des Projektbausteins war die Entwicklung und Umsetzung eines methodisch geleiteten Citizen Science (CS)-Formats für die Co-Interpretation und Kommunikation der Logbuch-Ergebnisse. Damit wurde das individuelle und gesellschaftliche Kreativitäts- und Innovationspotential (soziale Innovationen) deutlich gemacht und über einen möglichen Erwerb von Veränderungs- und Transformationskompetenzen in der Corona-Pandemie reflektiert.
In der Co-Interpretationsphase wurden mehrere thematische Diskussionsrunden mit den Logbuchschreiber*innen sowie eine öffentliche Abschlussveranstaltung, an der die Diskussion ausgeweitet wurde, realisiert. Dabei zeigten sich, dass die Alltagspraktiken als gewählte Methode für die Ergebnisdarstellung eine geeignete Basis bildeten, um über ein gesellschaftlich umstrittenes Thema wie die Corona-Pandemie zu diskutieren. Die Online-Workshops boten einen Raum, in dem die Ergebnisse durch die Logbuchschreiber*innen konstruktiv-kritisch abgeglichen und validiert wurden. Damit erweiterten und ergänzten die neuen Perspektiven der Logbuchschreier*innen die Interpretation und eröffneten neue Interpretationsstränge.
Organisationen:
Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
Humboldt Labor
IRI THESys
Volkshochschule Barnim
Bürger schaffen Wissen
Kontakte zum Projekt:
Benjamin Nölting benjamin.noelting@hnee.de
Bildrechte(c): HNEE