„Versorgung in Gemeinschaft“ – wie geht das? Im Siegener Ladenlokal Café Teilchen wird genau das gestetet. In dem Café werden Lebensmittel und Getränke der Allgemeinheit als zubereitete Mahlzeit oder unverarbeitet kostenlos zur Verfügung gestellt werden, die anderswo nicht verkauft wurden. Ziel des Projektes ist es, einen gemeinschaftsstiftenden Ort in zentraler Lage zu schaffen, in welchem gerettete Lebensmittel und Getränke für alle zugänglich sind. Das Café Teilchen ist damit ein Begegnungsraum für Menschen verschiedenster sozio-ökonomischer und kultureller Kontexte. Getragen wird das Ladenlokal von einer Gruppe aus Siegener Bürger*innen.
Im Zuge der Citizen-Science-Begleitforschung wurde untersucht, wie sich eine gemeinschaftlich organisierte Fairsorgung realisieren lässt. Dabei ermittelten und verschriftlichteen die Projektbeteiligten Erfolgspraktiken sowie ungeeignete Praxisformen nachhaltiger Versorgung. Insbesondere wird hier die Praxis des Kulturwandels in nachhaltige Fairsorgung in Gemeinschaft beobachtet und analysiert. So sollten die sozialen Bedingungen der Transformation in eine Postwachstumsgesellschaft herausgearbeitet werden.
Dazu wurdeim Citizen-Science-Projekt die Methode der „Postnormalen Wissenschaft“ (D’Alisa/Kallis 2014) genutzt und zur Prüfung gestellt. Um die Probleme in ihren gesellschaftlichen Bedingungen zu erkennen und zu bearbeiten, werden poststrukturalistisch-materialistische Praxistheorien herangezogen. Hier wurde überprüft, inwiefern Versorgungsunsicherheit über die Initiierung und Stärkung sozialer Beziehungen produktiv gewendet werden kann. Postnormale Wissenschaft bedeutet, dass die Expertise nicht mehr nur in Expert*innengruppen (z. B. Wissenschaftsgremien) liegt, sondern von Expert*innengemeinschaften, denen auch Laien angehören, eingebracht wird. In diesem Fall sind dies die Besucher*innen und Betreiber*innen des Café Teilchen.
Durch das klare aktivistische Engagement im Projekt werden Objektivitätsfiktionen aufgegeben. In einem integrierten gesellschaftlichen Prozess wird die Qualität der Erkenntnisse durch eine in die Zivilgesellschaft erweiterte Expert*innengemeinde, erweiterte Fakten, Wissen und Werte gesichert. So soll eine wertbasierte, aber wertdynamische Forschung zwischen Aktionsforschung und Aktivismus etabliert werden. Langfristig soll damit die Akzeptanz der Transformationsprozesse in Alltagspraktiken nachhaltiger Fairsorgung erhöht werden. Ziel des Projekts war es dabei auch, Best-Practice-Prozesse und Hindernisse zu dokumentieren, um Transformationswissen nachhaltig weiterzugeben.
Im Projekt wurde der Prozess der Etablierung des gemeinsamen Ladenlokals durch eine selbst durchgeführte Citizen-Science-Forschung begleitet. Damit sollte untersucht werden, wie sich eine gemeinschaftlich organisierte Versorgung realisieren lässt. Die Projektbeteiligten ermittelten und verschriftlichen Erfolgspraktiken sowie ungeeignete Praxisformen nachhaltiger Versorgung. Insbesondere wurde hier die Praxis des Kulturwandels in nachhaltige Versorgung in Gemeinschaft beobachtet und analysiert. So sollten am Beispiel der Etablierung des Café Teilchens die sozialen Bedingungen der Transformation in eine Postwachstumsgesellschaft herausgearbeitet werden. Es wurde herausgearbeitet, wie soziale Beziehungen Versorgungsunsicherheit entgegenwirken können.
Als Modus der Zusammenarbeit wählten die Beteiligten die interne Organisationsform der Soziokratie, um damit Grundlage für eine gleichberechtigte Partizipation aller Beteiligten an Entscheidungsprozessen zu schaffen. Als Forschungsmodus und -grundlage wurde der Ansatz der „Postnormalen Wissenschaft“ verwendet, der ermöglicht, Objektivitätsfiktionen aufzugeben und erweiterte Fakten, Wissen und Werte der Zivilgesellschaft in den Forschungsprozess zu integrieren. Im Projekt wurde insbesondere die Alltagspraxis der Beteiligten in den Blick genommen, Dies stellte sich im Projekt als sinnvoller Ansatz partizipativer und transdisziplinärer Ko-Produktion zur Bearbeitung von Versorgungsunsicherheit dar.
Das Projekt wurde in vier Phasen aufgeteilt. Zuerst wurde das Konzept der Praxis einer nachhaltigen Organisation untersucht. Gemeinsam mit allen Beteiligten wurden daraus Forschungsfragen abgeleitet. Die Beteiligten wählten ein ethnographisch geprägtes Forschungsdesign, da die Gruppe sich im Prozess selbst erforschte. Die zweite Projektphase behandelte die Praxis nachhaltiger Produktion, Fokus lag auf der physischen und räumlichen Entwicklung des Cafés und der Betreiber*innenstruktur. In der dritten Phase lag der Schwerpunkt auf der Evaluation der entwickelten nachhaltigen Versorgungspraktiken. Die vierte Phase widmete sich der Ergebnissicherung.
Über die gemeinschaftliche Organisation und Kommunikation mit allen Projektbeteiligten entstand innerhalb der Gruppe ein vertieftes Bewusstsein für den nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln. Die bisherigen städtischen und universitären Expert*innengremien für Entscheidungsfindungen auf dem Weg in eine nachhaltigere Gesellschaft konnten über das Organisationsprinzip der Soziokratie erweitert werden. Gleichzeitig konnte die Akzeptanz der Transformationsprozesse in Alltagspraktiken nachhaltiger Versorgung unter den Beteiligten erhöht sowie Best-Practice-Prozesse und Hindernisse dokumentiert werden, um Transformationswissen nachhaltig auch nach Projektende weiterzugeben.
Organisation:
Uni Siegen
ReSi’s MitWelt e.V.
Kontakt zum Projekt:
Dr. Franka Schäfer
Franka.Schaefer@uni-siegen.de
Bildrechte (c):
Beitragsbild: Hans Sauer Stiftung
Grafik: ReSi’s MitWelt e. V.