Am 6. Juni fand die AbbrechenAbbrechen Bustour durch München statt. In einem blau-weißen Omnibus aus den 1970er Jahren fuhren an diesem Donnerstag Vertreter*innen aus Zivilgesellschaft, Stadtrat und Landtag, aber auch Expert*innen der Stadtentwicklung und interessierte Medienschaffende zu Orten und Gebäuden, die ihre ursprüngliche Nutzung verloren haben und deren Zukunft entweder ungewiss ist oder die perspektivisch abgerissen werden sollen.
Hintergrund
Die Initiative AbbrechenAbbrechen organisierte in Kooperation mit der Münchner Initiative Nachhaltigkeit, Architects 4 Future , #ausspekuliert und der Hans Sauer Stiftung eine Bustour, um in Politik und Stadtgesellschaft erneut einen Diskurs anzustoßen. Anlass dafür sind zahlreiche Gebäude, die von Abriss bedroht sind. Diese Abrisse gilt es kritisch zu hinterfragen: Klimaschutzgründe sowie der große Bedarf an bezahlbaren Wohnraum und gemeinnützigen Räumen für die Stadtgesellschaft in München sprechen in vielen Fällen dagegen. Die Initiative AbbrechenAbbrechen gründete sich anlässlich des geplanten Abrisses des Strafjustizzentrums; der Diskurs, der durch aufmerksamkeitserregende Aktionen in Eisbärkostümen angeregt wird, soll jedoch über die Grundstücksgrenzen des 70er Jahre Baus hinaus gehen und langfristig ein Paradigma der Stadtplanung etablieren, das Abbruch als letztes Mittel behandelt.
Die Bustour im Kontext
Begleitet von Expert*innen und Wissensträger*innen erhielten die Teilnehmer*innen an den Haltestationen Einblicke in die Hintergründe der geplanten Abrisse, deren Folgen sowie stadtplanerische Entscheidungsprozesse und übergeordnete Partizipationspotenziale in der Leerstandsaktivierung. Besondere Begleiter waren die Eisbären, die auf der Suche nach neuem Wohn- und Lebensraum den Gebäudebestand als großen Potenzialraum identifizierten. Um diese Potenziale zu untermauern, verliehen sie drei AbbrechenAbbrechen-Awards an prominente Beispiele mit Großem Einsparungspotenzial. Jeder Award war mit einer Forderung verknüpft: So bekam Dieter Reiter den AbbrechenAbbrechen-Award in Silber für das größte Potenzial eines Abbruch-Moratoriums für die Harthof Siedlung mit ihren ca. 350 Bestandswohnungen. Zwei weitere Awards für Potenziale wurden im Bezug auf kirchliche Leerstände, die Gewerbeimmobilien im Hauptbahnhofsviertel und das ehemalige Sheraton Hotel vergeben. Die Tour endete am Strafjustizzentrum, dessen geplante Zukunft seit über einem Jahrzehnt diskutiert wird. Bereits vergangenes Jahr beschloss der Ministerrat die Schaffung von Wohnraum im Anschluss an den Umzug des Justizzentrums. Das öffentliche Interesse führte dazu, dass der zuständige Bauminister in einer öffentlichen Stellungnahme Einen Bestandserhalt nicht mehr ausschließt. Am Strafjustizzentrum fand auch die Tour mit kühlen Getränken und Vernetzungsmöglichkeiten ihren Ausklang.
Spazieren, kartieren und spekulieren
Neben dem möglichst ökologischen Umgang mit Bestandsgebäuden ist für das Projektteam der Hans Sauer Stiftung im Zusammenhang mit Leerstand vor allem das Potenzial einer gemeinwohlorientierten Umnutzung von Interesse. Wie lassen sich die steigenden Bedarfe nach städtischen Lebens- und Wohnräumen aus dem vorhandenen und ungenutzten Gebäudebestand bedienen? Wie können Prozesse der Aktivierung dieser Raumressourcen im Sinne einer sozialen und gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung initiiert und ausgestaltet werden?
Um dem Aktivierungspotenzial nachgehen zu können, soll gemeinsam mit Bürger*innen Leerstand kartiert werden. Prototypisch geschieht das zunächst in zwei Spaziergängen in Kooperation mit AbbrechenAbbrechen im Westend und in Sendling. Gemeinsam mit Initiativen und interessierten Menschen wollen wir herausfinden, wo es in München Leerstand gibt und welche Möglichkeiten es gibt, diese Flächen (Gebäude und Brachen) in eine gemeinwohlorientierte Nutzung zu überführen. Ein erster Spaziergang durch Sendling wird am 23. Juli und ein thematisch darauf aufbauender am 2. August stattfinden. Nähere Informationen werden rechtzeitig auf unserer Website und auf Instagram bekanntgegeben.
Titelbild und Beitragsbilder: Magdalena Jooss