Begegnung und Austausch durch das gemeinsame Arbeiten mit Holz
Im Zusammenhang mit der Flüchtlingswelle des Jahres 2015 entstand die Idee, in einer Erstaufnahmeeinrichtung in München eine Holzwerkstatt einzurichten, um dort gemeinsam mit den Bewohnern*innen Möbel für den täglichen Bedarf zu bauen, die Ausstattung vor Ort zu verbessern und interkulturellen und sozialen Austausch zu befördern. Neben der Hans Sauer Stiftung unterstützten das Projekt die Akademie der bildenden Künste München (Prof. Maria Auböck/Lehrstuhl für Gestalten im Freiraum), die Landeshauptstadt München sowie der Caritasverband der Erzdiözese München und Freising. In einer zentral gelegenen Unterkunft wurden ab März 2016 über mehrere Monate hinweg Bedarfsmöbel, Außenraummöblierung – vom Hocker bis zum Fußballtor – geschreinert. Werkstatt und Entwürfe waren auf einfache Handwerkzeuge ausgelegt und somit auch für ungeübte Teilnehmer*innen umsetzbar. Als niedrigschwelliges Beschäftigungsangebot und Möglichkeit, sich auch mit anderen Menschen auszutauschen, wurde das Angebot gut angenommen und bereicherte die Unterkunft sowohl infrastrukturell als auch sozial. Auf Grund der Schließung der Unterkunft, musste bald eine neue Wirkungsstädte für den werkraum gefunden werden.
Realisierung
Ab Januar 2017 bezog der werkraum dann für zwei Jahre eigene Werkstatträume in einer Flüchtlingsunterkunft im Münchner Stadtteil Sendling – Unterstützer des Projekts waren in dieser Phase vor allem die Hans Sauer Stiftung und Condrobs e. V. Bei regelmäßigem Erscheinen konnten die
Teilnehmer*innen während dieser Phase Zertifikate erwerben und wurden in andere Projekte der Hans Sauer Stiftung und Münchner sozialer Initiativen eingebunden. Bei Interesse und Gelegenheit verhalf der werkraum zu Praktikums- und Ausbildungsplätzen. Zudem wurden konkrete Angebote für andere Unterkünfte und Sozialeinrichtungen gemacht. Es wurden gemeinsam mit dem wirWerk, dem Kreisjugendring München und dem „Über den Tellerrand“- Café auch größere Projekte mit dem werkraum umgesetzt und somit auch operativ gefördert.
Zum Jahreswechsel 2018/2019 wurde auch die Unterkunft in München-Sendling geschlossen und der werkraum fand im Projekt „Die Färberei“ eine neue Wirkungsstätte. Die Färberei ist eine überregionale städtische Jugendkultureinrichtung des Kreisjugendrings München-Stadt. Hier soll der werkraum sowohl im Rahmen der Einrichtung tätig werden und Menschen aus dem Quartier für das Holzhandwerk begeistern als auch weiterhin ein essentieller Teil der operativen Arbeit der Stiftung sein.
Wirkung
Mit dem werkraum wurden Ansätze der Stiftungsarbeit in das Themenfeld Integration überführt, die auf Partizipation, Kollaboration und gemeinschaftliches Gestalten als Sozialisations- und Empowerment-Angebot setzen. Im interkulturellen Bereich versprechen solche Praktiken des gemeinsamen Machens durch ihre geringen Anforderungen z.B. an sprachliche Verständigung zusätzliches Potential: Im gemeinschaftlichen Tun werden egalitäre Muster, hierarchiefreies Miteinander sowie mikrodemokratische Praktiken und Aushandlungsprozesse eingeübt; Mitbestimmung und Teilhabe als wichtige Säulen von Gesellschaft und Gemeinschaft werden praktisch erfahrbar gemacht und marginalisierten Personengruppen Erfahrungen der Selbstwirksamkeit ermöglicht.
Das Wirkungskonzept des werkraums wird nun sozialräumlich auf das Quartier München-Giesing ausgerichtet. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Integrationsprozesse auf kommunaler Ebene nur stockend voranschreiten.
Das vom werkraum etablierte Modell des gemeinschaftlichen Gestaltens wird hier ein wichtiger Baustein der Interaktion und Kollaboration im Quartier sein um in mehreren Dimensionen sozial-integrative Wirkung zu erzielen:
(1) Vorbehalte und Distanzen zwischen Geflüchteten und lokaler Bewohnerschaft abbauen, (2) Räume und Situationen gleichberechtigten Miteinanders schaffen, (3) durch Praktiken und Routinen gemeinschaftlichen Arbeitens und Aushandelns demokratisierende Potentiale wecken, (4) Pfade in Ausbildung und Arbeit auf Quartiersebene eröffnen, (5) Sinnhaftigkeit gemeinwohlorientierten Arbeitens vermitteln, (6) Arbeit des Projekts lokal wirksam machen.
Mit der Färberei wurde für den werkraum eine Wirkungsstätte gefunden, an der das Potential vorhanden ist, Integrationsarbeit für alle gesellschaftlich benachteiligten Bürgerinnen und Bürger zu leisten. Die Färberei ist durch ihre interdisziplinäre und inklusive Ausrichtung eine Schnittstelle verschiedener Gruppen der Gesellschaft und damit ein guter Ausgangsort quartiersbezogener Integrationsarbeit.
Weiterhin wird der werkraum aber auch andere operative Stiftungsprojekte unterstützen und für gemeinschaftliche Gestaltungsmomente sorgen, die für etliche Prozesse der Stiftungsarbeit vor allem im Kontext des social design labs relevant sind.
Eine Broschüre über den werkraum, auch mit konkreten Projektbeschreibungen gibt es hier zum DOWNLOAD.