Im Winter 2018 stand die Gemeinde des Dorfes Golzow im Oderbruch vor der Herausforderung, dass die Bäckerei und gleichzeitig letzter Nahversorger, sich gezwungen sah, die Verkaufsstelle in Golzow zu schließen. Dieser Umstand erforderte ein schnelles Handeln. Das Oderbruch galt in der Vergangenheit als „Gemüsegarten Berlins“ und Golzow avancierte während DDR-Zeiten zum landwirtschaftlichen Vorzeigebetrieb. Seit der Wende befindet sich die Gemeinde in einem Schrumpfungsprozess, der u. a. die Versorgung mit Lebensmitteln und öffentlichen sowie privaten Dienstleistungen gefährdet. Für die alternden Golzower entsteht aufgrund eingeschränkter Mobilität ein zunehmender Engpass und auch für potenzielle neue Bewohner/innen verliert das Dorf trotz direkter Nahverkehrsanbindung nach Berlin an Attraktivität.
Ansatz
Vor diesem Hintergrund bemüht sich die Gemeinde um die Verbesserung der Lebensbedingungen sowie die Stärkung der Gemeinschaft. Da konventionelle Lösungen wie die Ansiedlung eines Supermarkts nicht zur Verfügung stehen, suchte die Gemeindevertretung die Verbindung zu akademischen Partnern und bat um Vorschläge für alternative Formen der Nahversorgung. Auf diesem Weg entstand das Projekt „Dorfgemeinschaffen“ als Kooperation zwischen der Gemeinde Golzow und dem Fachgebiet Entwerfen und Städtebau (EUS) der TU Darmstadt.„Dorfgemeinschaffen“ beabsichtigt ein gemeinschaftliches Nahversorgungskonzept in Form eines Dorfladens+ prozessbasiert und mit lokalen Akteuren zu entwickeln. Die Vermittlung zwischen den Bedürfnissen der Bewohner/innen, den regionalen Landwirtschaftsangeboten und neuen digitalen Möglichkeiten ist zentraler Ansatz der Arbeit. Dies erfordert eine aktive Auseinandersetzung mit Angebot und Nachfrage sowie einen kontinuierlichen Beteiligungsprozess. Dafür engagiert sich eine Gruppe Architekturstudierender am Fachgebiet EUS im Sommersemester 2019 im Rahmen eines DesignBuild-Studios, mit dem konkreten Ziel, einen Dorfladen+ in Golzow umzusetzen. Handwerkliches, Gesellschaftlich-Partizipatives und Gestalterisches spielen hierbei zusammen. Dieser integrierte Ansatz wird durch die Einbindung der Initiative ‚Baucircus‘ unterstützt, die durch eine mobile Werkstatt partizipatorische Prozesse begleitet.
Förderung
Durch die finanzielle Förderung der Hans Sauer Stiftung konnte die akademische Begleitung des Projekts und der Bügerbeteiligungsworkshops gewährleistet werden.
Wirkung
Als Zielgruppe wird die Bewohnerschaft frühzeitig in die Entwicklung und Umsetzung des Projekts einbezogen. Nahversorgung wird gänzlich neu gedacht: weg von einem klassischen Einzelhandelskonzept, hin zu gestärkten lokalen und regionalen Gemeinschaften, zu nachhaltigen Stoff- und Wirtschaftskreisläufen und zu einem verantwortungsbewussten Denken und Handeln. Nahversorgung wird mittels des Dorfladens+ zu einem gemeinschaftsstiftenden lernenden Integrations- und Innovationsmotor. Das Leben auf dem Dorf soll langfristig wieder attraktiver werden, um einer weiteren Dorfschrumpfung entgegenzuwirken.
“Dorfgemeinschaffen” ist ein Kooperationsprojekt zwischen der Gemeinde Golzow (Oderbruch) in Brandenburg und dem Fachgebiet Entwerfen und Städtebau am Fachbereich Architektur der TU Darmstadt. Das Projekt wurde zudem unterstützt von der Sto-Stiftung (finanzielle Unterstützung), Festool GmBH (Sponsoring durch Maschinenspende) und die LTG Seelow mbH (Materialspende) sowie der Gemeindezentrum Golzow (Räumlichkeiten und sämtliche Unterstützung vor Ort), Seniorenverein Lebensfreude e.V. (Dorfpaten) und der Landwirtschaft Golzow GmbH (Unterkunft).